architecture . landscape . urbanism
BUGA Heilbronn

temporäre Parklandschaft, 2016-2019, Heilbronn

"Wer plant wie die Sommerinsel?
Seit der Landesgartenschau Pößneck im Jahr 2000 hat Landschaftsarchitekt Wolfgang Schück vom Büro LOMA in Kassel immer mal wieder mit Gartenschauen zu tun. Gut in Erinnerung ist noch seine innovative Bepflanzung der Kienbergterrassen anlässlich der IGA Berlin 2017. Nun nimmt seine nächste Gartenschau-Planung Formen an: die Sommerinsel auf der BUGA Heibronn 2019. Dazu haben wir ihn hier befragt!

Herr Schück, sie haben zur BUGA Heilbronn 2019 die Gestaltung der Sommerinsel geplant. Was braucht es zum Entwurf guter Landschaftsarchitektur? Im Prinzip nicht viel, mutige Auftraggeber und oft gar nicht viel Geld. Wenn man dann akademische Fachjurys mit ihrer ängstlichen Geschmackssicherheit und ihren biederen Formalismen ausblenden kann, liegt es an einem selber und dem Goodwill der Partner am Bau ob was Gutes dabei rauskommt.
Was ist das einzigartige an ihrem Entwurf für die BUGA Heilbronn? Derzeit der Prozessverlauf, wir bearbeiten die große Sommerinsel, eine zentrale Partie innerhalb des Bundesgartenschaugeländes. Bereits vor Jahren hatten wir mit der Erforschung der „Wiederentdeckung der Topographie in der Landschaftsarchitektur“, generiert mit digitalen Methoden, begonnen. Damals war die Schnittstelle Computer-Baumaschine noch nicht genügend ausgebildet, wir mussten diese in der Umsetzung noch analog meistern. Das ist bei der BUGA Heilbronn 2019 anders, die Geschäftsführung wünscht und fördert die Erprobung von innovativen Technologien, das unterscheidet Baden-Württemberg von den anderen Bundesländern.  
Welche technischen Besonderheiten in Bezug auf Modellierung der Landschaft und Anpassung an das Gesamtgefüge des Geländes prägen die Sommerinsel, Ihre Gestaltung? Der vorhandene Alluvialboden des Neckars prägt die Sommerinsel. Der stark plastische, tonige Bodenaushub eignet er sich schwerlich für gärtnerische Zwecke, aber sehr gut zum modellieren und spielen. Wir beschäftigen uns derzeit mit Generationsmöglichkeiten und mit Begrifflichkeiten wie „fluids“, „turbidite systems“ und „ripple-marks“. Die gesamten Landschaftsformationen der Sommerinsel wurden parametrisch erzeugt mit Hilfe von Grasshopper für Rhino 3D; derzeit versuchen wir drei Wellentypen zu entwickeln und kontextuell einzubetten. Ein Datennetz aus unzähligen Dreiecken (Triangulation) wurde erzeugt und in die Software der Großbagger eingespeist, über GPS kann dann die Lage der Formationen räumlich exakt gesetzt werden. Der Baggerfahrer kommuniziert somit direkt mit uns im Büro- und das ohne akademische Ausbildung und auf Augenhöhe. Die Schnittstellen funktionieren derzeit erstaunlich gut, willkommen im 21. Jahrhundert.
Wie integrieren Sie die pflanzlich-gärtnerischen Elemente wie Gehölze und Wildgräser-Aussaaten in Ihre Gestaltung? Wir legen großen Wert auf die Integration von Partnern aus der Grünen Branche, ich persönlich habe dabei eine Schwäche für Unternehmen mit speziellen Talenten. Die Baumschule Lorenz von Ehren z.B. steht stellvertretend für die Innovationskraft der deutschen Baumschulwirtschaft insgesamt, mit internationaler Strahlkraft. Langgezogene Faschinenbänder strukturieren die Sommerinsel, Firma WeidenArt kultiviert diese archaische grüne Technik noch; das sollte tradiert werden. Firma Rieger-Hofmann arbeitet seit den 1980er Jahren innovativ mit Ansaaten und hat nebenbei einen grünen Bereich gleich miterfunden. Insofern versuchen wir unsere Partner in die Choreographie der Sommerinsel einzubinden und dabei ihr individuelles Leistungsspektrum möglichst optimal für den Besucher zu zeigen.
Der Wechselflor soll auch integriert werden, welche Akzente setzen dabei Zwiebeln und Zweijährige? Da sind wir gerade dabei eine stimmige Abmischung zu finden, der klassische Wechselflor als „Stiefmütterchenparade“ entspricht ja nicht mehr einer modernen Bundesgartenschau. Gleichzeitig gilt es auch das Publikum positiv mitzunehmen. Ein Crossover aus Einjährigen, Zweijährigen, Stauden und Sträuchern könnte ein Weg sein. Wechselflor ist in Wirklichkeit ein faszinierendes, aber sehr komplexes und ephemeres Terrain für Landschaftsarchitekten und Gärtner, deshalb schimpfen wir auch alle laufend darüber.
Sie haben Landschaftsarchitektur und Stadtplanung studiert. Fühlen Sie sich mehr als Stadtplaner oder mehr als Landschaftsarchitekt, wenn Sie für eine Bundesgartenschau arbeiten? Ich fühle mich generell als gar nix Besonderes und liebe einfach Rollenspiele und Entgrenzungen, das habe ich mir bei dem Rokoko-Befreier Mozart abgeschaut, als Kind in Salzburg wird man halt ins Festspielhaus geschleppt. Für dieses spezielle BUGA Projekt versuche ich daher eher wie ein Szenograf an einem opulenten Bühnenbild zu basteln, und es muss auch eine Gaudi dabei sein.
Sie arbeiten gern interdisziplinär und über Berufsgrenzen hinweg. Wo liegen für die Zukunft ihre Visionen in der Gestaltung von Parks und Grünzügen? Die Lebewesen zu ihrer individuellen Freiheit zu verführen, damit sie in ihren Parallelwelten weiter existieren können.  
Was glauben Sie wird sich nachhaltig von Ihren Ansätzen bewahren lassen? Das Design der Sommerinsel ist viel zu fragwürdig um den überstrapazierten Begriff „Nachhaltig“ zu bemühen. Neue Medien erzeugen halt neue Bilder und neue Fragen. Das Feuer des „parametric design“ wird hoffentlich endgültig in der Welt der Landschaftsarchitektur ankommen, junge Kollegen sollten einfach ermutigt werden diese neuen Medien zu nutzen und es deutlich besser zu machen als ich das kann."

-Interview: https://www.bundesgartenschau.de/buga-iga/buga-heilbronn-2019.html